Die Welt liegt uns zu Füssen

Peter und sein Sohn Philippe warten auf die nächste Jugendliche

Peter und sein Sohn Philippe warten auf die nächste Jugendliche

Da kommen sie wieder, zum Teil verschüchtert und still, zum Teil vorwitzig und einnehmend, stets aber sympathisch und voller Erwartungen. Die Rede ist von den ungefähr 70 Jugendlichen zwischen 17 und 21, die alljährlich im Rahmen des Lions Jugendaustausches aus allen Herren Länder in die Schweiz einreisen, um hier zuerst zwei Wochen bei einer Gastfamilie und dann zwei Wochen in einem gemeinsamen Camp zu verbringen.

Yvonne Schneiter mit Leenart aus Deutschland

Yvonne Schneiter mit Leenart aus Deutschland

Worum es geht

Bei der Einreise werden die Jugendlichen normalerweise von den Gasteltern abgeholt. Da die meisten am Flughafen Zürich eintreffen, ist es einigen Gasteltern aus der Westschweiz nicht möglich, persönlich nach Zürich zu kommen. Am vergangenen Wochenende hat der LC Kloten daher 17 Jugendliche empfangen. Oberstes Gebot ist stets die Sicherheit der Jugendlichen, d.h. wir lassen sie nie unbegleitet. Wir nehmen sie am Arrival Gate in Empfang, überreichen ihnen ein kleines Willkommensgeschenk, z.B. einen Schoggitaler, und begleiten sie auf den richtigen Zug, der sie ohne Umzusteigen zum Ort der Gastfamilien bringt. Sobald sie auf dem Zug sind, wird die Gastfamilie per SMS avisiert.

Peter wartet mit Kayla aus Kanada auf ihren Zug

Peter wartet mit Kayla aus Kanada auf ihren Zug

Eunice Cheung landete am Samstag bereits um 6 Uhr morgens, aus Hong-Kong kommend. Sie freute sich ungemein über den Schoggitaler. Im Verlauf des Tages trafen Jugendliche aus Indien, Israel, Estland, Finnland, Georgien, Kanada, Brasilien, Deutschland, Italien, Schweden, Irland, etc. ein.

Die Geschichte von Ajandek aus Ungarn

Ajandek Péak kam mit dem Zug aus Ungarn. Sie gab an, um 18:16 Uhr mit dem Zug aus München im Hauptbahnhof Zürich anzukommen. Ich fand aber keinen Zug , der um diese Zeit im HB eintrifft. Per Mail fragte ich letzte Woche nochmals nach. Als sie behauptete, die Angaben wären richtig, sah ich den Zug auch. Allerdings liess ich mich von ihrer Sicherheit verleiten und schaute in der Abfahrtstafel nach: ein Zug fährt um 18:16 Uhr von Zürich nach München. Das ist ein typischer menschlicher Fehler. Man passt die Wirklichkeit der Wahrnehmung an, anstatt umgekehrt. Als ich um 18 Uhr im HB eintraf, holte mich die Wirklichkeit wieder ein, und ich musste lernen, dass es leider doch keinen Zug gibt, der um 18:16 Uhr aus München ankommt. Zum Glück hatte ich Ajandeks Handynummer. Sie sass seit einer halben Stunde im Bahnhof und war sicher, dass ich um Viertelnachsechs nach ihr suchen würde….

Barbara mit Luka auf dem Stadtbummel

Barbara mit Luka auf dem Stadtbummel

Die Geschichte von Luka aus Serbien

Luka Cerovic kam aus Serbien gegen 21 Uhr im Flughafen an. Er hätte nach Morges weiter fahren müssen und wäre, je nachdem, welchen Zug wir hätten nehmen können, erst um Mitternacht oder gar um 2 Uhr morgens in Morges gewesen. Daher entschieden die Gasteltern und wir, ihn bei uns übernachten zu lassen und erst am Sonntagmorgen in den Zug nach Morges zu setzen. Um 21:12 Uhr nahmen wir einen 17 jährigen schüchternen Luka in Empfang. Er konnte nur sehr schlecht Englisch und war froh, wenn er nichts sagen musste. Als wir ihm eröffneten, dass er diese Nacht bei uns schlafe, bevor er zu den Gasteltern weiter reiste, räusperte er sich bloss. Wir werden nie erfahren, ob er es verstanden hatte. Um Halbzehn zeigte er auf unserem Balkon aber doch einen dezidierten Appetit, der sein schüchternes Wesen kontrastierte. Am Sonntagvormittag machten wir mit ihm noch einen kurzen Stadtbummel, bevor wir ihn dann auf den Zug setzten.

Philippe mit Amanda aus Brasilien

Philippe mit Amanda aus Brasilien

Die Geschichte von Alesia aus Kiew

Alesia Shaparava traf erst am Sonntagabend auf dem Busbahnhof Sihlquai ein. Sie ging am Samstag um 09:40 Uhr in Minsk an Bord eines Buses, war 10 Stunden später in Warschau, wo sie den Bus wechselte und nach einem dreieinhalb stündigen Aufenthalt die Reise nach Zürich fortsetzte, die weitere 21 Stunden beanspruchte. Alesia war also insgesamt 34 Stunden unterwegs! Trotzdem galt ihre grösste Sorge der Befürchtung, dass sie in Zürich nicht abgeholt wird und bis an ihr nahes Lebensende einsam und verlassen in der fremden Stadt umher irren muss. Sie war überglücklich, als sie das Plakat mit ihrem Namen sah, das ich hoch hielt.

Philippe mit Ketevan aus Georgien

Philippe mit Ketevan aus Georgien

Einen kurzen Moment lang musste sie wohl die lateinischen Buchstaben in kyrillische übersetzt haben, denn sie reagierte erst im zweiten Moment. Dann freute sie sich über das kleine Willkommensgeschenk und verreit, dass sie sehr nervös sei, aber dennoch überglücklich, die lange Reise überstanden zu haben. Als wir ihr erklärten, wir seien nicht ihre Gasteltern und müssten leider ihre Reise mit einer gut einstündigen Zugfahrt verlängern, war sie etwas enttäuscht. Aber sie hat es schliesslich überstanden, wie uns ein abschliessendes SMS der Gasteltern, die sie in Biel in Empfang nahmen, versicherte.

Das mittlerweile abgegriffene Regiedokument

Das mittlerweile abgegriffene Regiedokument

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