Dinner vom 17.09.2018 „Vom Bahnhof zur Enge“

„Trocken, ohne Apéro“ stand auf der Einladung für diesen Abend. Das musste man doch so interpretieren, dass es eine kleine Stärkung gleich zu Beginn des Anlasses geben wird. Wir versammeln uns also in der Bahnhofshalle unter dem Engel von Niki de Saint Phalle, den sie speziell für uns noch herausgeputzt haben.

Gleich nebenan verbreitet ein Zelt Münchner Oktoberfest-stimmung mit Bier- und Brat-wurstduft und Schunkel-musik. Langsam trudeln über 20 Lionsfreunde (Damen und Herren) an diesem sonnigen und warmen Spätsommer-abend ein. Wir bleiben trocken, ohne Apéro.

Verena Müller, unsere Stadtführerin an diesem Abend, erklärt uns einiges zur alten Bahnhofshalle, in der die Züge noch bis nach dem Ersten Weltkrieg ein- und ausfuhren.

Vor dem Bahnhof treffen wir auf Alfred Escher, der als Politiker und Unternehmer aufs Engste mit dem Bahnhof verbunden war. Als Gründer, Initiator, Schirmherr, Facilitator, Promoter, Sponsor hat er die moderne Schweiz im 19. Jahrhundert entscheidend mitgestaltet (Gotthardbahn, Kreditanstalt, Rentenanstalt, Polytechnikum etc.). Seine vielen Ämter und Funktionen, die er ausgeübt hat, haben ihm viel Anerkennung, aber auch viele Gegner gebracht. Früher hatte er seinen Bahnhof angeschaut, wandte sich dann aber um, um in der Ferne den Gotthard zu erspähen (oder sucht er etwa die Kreditanstalt?).

 

Auch in Zürich verstopfen überall Touristenscharen die Strassen und verärgern die einheimische Bevölkerung. Unter den Touristen auch Lella, ohne die geringsten Spuren ihres Unfalls.

Tapfer marschieren wir ein kurzes Stück die Bahnhofstrasse aufwärts, vorbei an Müssiggängern, die in den zahlreichen Strassenrestaurants ihr Bier oder ihren Wein geniessen. Aber wir immer noch trocken, ohne Apéro.

 

Die Pestalozziwiese lädt immer wieder zu einer gemütlichen Pause ein, ganz besonders, wenn man daran denkt, dass hier bis 1860 die Verbrecher öffentlich hingerichtet wurden.

 

 

Schwerter zu Pflugscharen… oder Brunnen. Frau Müller erklärt uns die Geschichte dieses Brunnens. Nach der Niederlage Frankreichs im deutsch-französischen Krieg 1871 blieb der französischen Rüstungsindustrie nichts anderes übrig, als die unverkäuflichen Kanonen einzuschmelzen und zu hübschen, kleinen Brunnen umzugiessen. Man trifft sie noch heute in halb Europa an.
Frau Müller hat ein Einsehen. Wir nehmen das Tram in die Enge. Zu Fuss hätten wir das nie geschafft, so trocken, ohne Apéro.

Im wunderschönen Belvoirpark inmitten von riesigen, alten und zum Teil auch exotischen Bäumen steht die stattliche Villa der Familie Escher. Hier wuchs auch Lydia, die Tochter von Alfred Escher auf. Der gesellschaftliche Skandal, der nach ihrer Heirat mit Bundesratssohn Friedrich Emil Welti entstand und ihr trauriges Ende berühren noch heute. Frau Müller redet sich darob richtiggehend ins Feuer.

Nur wenige Schritte vom Belvoirpark liegt der ebenso schöne aber noch grössere Rieterpark. Vorbei an einem kuriosen Brunnen (trocken, ohne Apéro) gelangen wir zur Villa Wesendonck. Richard Wagner ging hier ein und aus. 1912 war hier Kaiser Wilhelm II anlässlich seines Besuchs der Kaiser-manöver zwei Tage zu Gast. In der benachbarten Villa Schönberg war 1922 ein anderer Deutscher zu Besuch, bevor er dann Jahre später Führer wurde.

 

Spannend und unterhaltsam sind die Erläuterungen von Frau Müller. Unsere Erkundung von Zürich endet hier vor einem weiteren Brunnen, ebenfalls trocken.

 

 

Im nahe gelegenen Restaurant Sternen Da Guido hat endlich die Trockenheit ein Ende, der Apéro steht bereit! Mit einem guten Nachtessen und lebhaften Diskussionen wird dieser lehrreiche Abend, der uns das bekannte unbekannte Zürich näher gebracht hat, abgeschlossen.

Christoph Bachmann, Hilfsschreiber

PS: Lella ist unversehrt nach Hause gekommen.

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